Kleine Feier
Nach dem Tempel war der Tag noch lange nicht vorbei. Die Heirat im Tempel geschah früh morgens, mit wenigen Verwandten. Danach ging es Heim, zu Hause angekommen gab es dann das lang ersehnte Frühstück und ich musste mich für den Nachmittag umziehen. Es wurde noch eine Zeit lang gequatscht und Zeit mit der Familie verbracht, doch nicht lange danach ging es schon wieder weiter zum Frisör. Abends sollte die große Feier sein mit Freunden und Familie.
3 Mal Umziehen
Meine Haare waren eine Katastrophe. Zu der Zeit in der ich Karan kennengelernt hatte, hatte ich noch Dreadlocks, die beim Reisen so gut wie von allein entstanden sind und dann durch verschiedene Leute mehr eingedreht worden. Da diese Dreadlocks nicht wirklich schön gemacht waren und mich eigentlich nur nervten, haben seine Mutter, seine Schwester und ich ein paar Tage vor der Hochzeit verschiedene Frisöre gesucht, die mir diese wieder auftrennen können. Nach einigen hin und her laufen fanden wir dann auch zum Glück einen und die Dreadlocks wurden in einer 9 stündigen, schmerzhaften Prozedur wieder aufgetrennt. Dies geschah sehr zum leid meiner Haare, die danach einfach nur noch tot und kaputt waren. Der Frisör vor der Hochzeit machte mir also eine Verlängerung (allerdings in dunkel Braun, ich bin blond) in die Haare, damit sie nicht ganz so verstört aussahen. Fertig beim Frisör musste ich mich zum dritten mal für den Abend umziehen, ein weiteres indisches Hochzeitskleid jedoch nicht ganz so schwer wie das am morgen.
‘Ich glaube ich habe noch nie so viele Füße in meinem Leben angefasst wie an diesem Abend.’
Zurück vom Frisör ging es schon los. In der Mitte von Karans society befindet sich ein kleiner Park, dieser Park wurde in ein Hochzeitszelt umgewandelt, mit vielen pinken Tüchern und Teppichen. Dort wurde, eine Bühne, eine Tanzfläche mit DJ, Tischen und Stühlen und ein Buffet aufgebaut. Auf der Bühne stand eine Couch, die für das Brautpaar bestimmt war, denn hier würden wir mehr als die Hälfte unseres abends verbringen. Wir setzten uns also auf die besagte Couch, sodass uns alle sehen und bewundern konnten. Nun kam ein Verwandter nach dem anderen zu uns, um uns persönlich alle nach der Reihe ihre Glückwünsche auszusprechen. Auch hier musste ich allen älteren Personen die Füße berühren, um meinen Segen von ihnen abzuholen und meinen Respekt zu zeigen. Ich glaube ich habe noch nie so viele Füße in meinem Leben angefasst wie an diesem Abend. Natürlich musste auch ein Bild mit jedem gemacht werden, mit der immer wiederkehrenden Ansage des Kamera Mannes ‘smiiiiiile’. Ich muss schon zugeben der Abend war sehr anstrengend, da ich mich kaum frei bewegen konnte.
‘Augen zu und durch’
Es gab nur 2 male wo ich die Bühne verlassen hatte, das erste mal war für unseren Hochzeitstanz der zu dem indischen titel ‘tum hi ho’ stattfand, was so viel heißt wie ‘ab jetzt gibt es nur noch dich’ und das zweite mal war für das anschneiden unserer Hochzeitstorte. Tanzen wird in Indien sehr groß geschrieben die Leute tanzen ausgelassen werfen ihre Hände und Füße in die Luft und teilen ihre Freude. Da ich eher ein schüchterner Mensch bin tanze ich natürlich nicht so gerne, vor allem wenn hunderte von Gesichtern mich beobachten, deswegen hatte mich unser Hochzeitstanz große Überwindung gekostet. Auch der Hochzeitstanz war nicht geplant und mir war nicht bewusst das dies auch Teil der indischen Tradition ist, also hieß es mal wieder Augen zu und durch. Da Karan sehr gerne tanzt, musste ich einfach nur seinem mich herum Geschmeiße folgen und alles war nicht mehr ganz so schlimm.
‘…da draußen hungern Kindern’
Das witzige oder vielleicht auch seltsame war, was ich beim tanzen beobachten konnte, das die Leute mit Kleingeld also 10 Rupie scheinen um sich geschmissen haben. Mir ist ehrlich gesagt bis jetzt noch ein Rätsel warum, es gibt zwar verschiedene Rituale wo man Geld im kreis über den Kopf zb unserer Babies hält um es zu Segnen aber beim Tanzen umher schmeißen fand ich sonderbar. Zudem sah ich immer kleine Kinderköpfe die unter dem Zelt von außen reinlugten um einen oder 2 scheine zu ergattern. Diese Kindern waren nicht die kinder von den Hochzeitsgästen, sondern Kinder von der Straße. Die Armut in Indien und vor allem die Kinder auf der Straße, das zu sehen tut mir im Herzen weh, es ist wirklich kein schöner Anblick und ich wusste nie so recht wie ich damit umzugehen hab. Sie dann noch auf der eigenen Hochzeit zu sehen war dann noch merkwürdiger, man kann sagen das man auch irgendwie ein schlechtes Gewissen bekommt, man selber feiert ausgelassen, hat keine Sorgen und da draußen hungern Kindern.
Verlobung
Nach dem Tanzen haben wir unsere Torte anschneiden können und unsere Verlobungsringe wurden ausgetauscht. Richtig, Verlobungsringe. Die Verlobung findet normalerweise wie in Deutschland auch vor der Hochzeit statt, bei der auch Ringe ausgetauscht werden. Es gibt in Indien keine Hochzeitsringe. Da wir aber so schnell geheiratet haben, hat Karans Mutter beschlossen beides einfach am gleichen Tag zu tun, um auch kein Ritual auszulassen.
‘Man heiratet die Familie mit’
Als am Ende alle Gäste gegessen hatten und sich alle langsam auf den Weg nach Hause machten, was ca. um 12 Uhr Abends war, durften auch wir endlich was Essen. Nach dem Essen gingen wir alle in die Wohnung um im kleinen Kreis der Familie zu Feiern, hier durfte auch ich nun etwas trinken. Als es dann an der Zeit war ins Bett zu gehen und Karan und ich in unser Zimmer gingen, sahen wir auf dem Bett überall Rosenblätter verteilt, die seine Mutter und Schwester zuvor hier in Herzform verteilt hatten. Es sollte unsere erste Nacht als Ehemann und Ehefrau werden, was ich damals noch nicht wusste oder mir vielleicht nicht bewusst war, ist das man in Indien die Familie mit Heiratet und sie auch in Zukunft eine große Rolle in unserem leben spielen wird und auch immer noch tut. Darauf sind die Indier sehr stolz, Indien das Land der Familie.
<3
1 comment
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