Sylvester war vorbei, die restliche Zeit verbrachten wir auch hier mit etwas Sightseeing. Der Onkel, die Tante und Kind, plus des Onkels Mutter begleiteten uns. Das ist so üblich hier, man zeigt den Gästen die Gegend und gewisse Sehenswürdigkeiten der Umgebung. Wir besuchten einen See und eine Festung um auch hier Jodhpur von oben zu sehen. Hier waren nun alle Häuser blau, weshalb Jodhpur auch Blue City genannt wir. Wir genossen die Zeit draußen, etwas zu unternehmen, da wir in Delhi die meiste Zeit nur in der Wohnung verbrachten.
Hier in Jodhpur lebten auch 2 Schwestern von Karans Oma (Nani), die wir ebenfalls besuchten. Eine davon nahm uns mit auf einen Ausflug zu einem sehr alten Haus, in dem sie und unsere Nani, mit ihrer Familie gelebt hatten. Es war alles sehr klein, die Decken niedrig, die Wände aus Lehm und die Türen aus Holz, richtig verschließen konnte man sie nicht. Fließend Wasser gab es in dem Haus auch nicht, alles drohte zusammenzufallen und auch sonst war es sehr komisch verwinkelt. Es war schon interessant, zu sehen wie einfach man gelebt hatte, kaum vorzustellen wenn man es vergleicht mit dem was wir in Deutschland gewohnt sind. Leider habe ich keine Bilder von diesem Ort, da ich selbst nie eine Kamera dabei hatte und die meisten Bilder von meiner Mama stammen.

Als wir das alte Haus besichtigt hatten und einen Einblick in das frühere Lebens unserer Nani bekamen, wollte uns Nanis Schwester noch eine alte Höhle zeigen, sie solle heilig sein und auf einem Berg direkt neben einem Tempel liegen. In dieser Höhle hatte ein Mann über viele Jahre meditiert und danach ein Buch über seine Erkenntnisse dabei geschrieben. Für Nanis Schwester ist er sowas wie ein heiliger, ein Lehrer oder wie man hier sagt, ihr Guru, sie folgen seinen Glauben und seinen Erkenntnissen. Dieser Ort ist jetzt für die Öffentlichkeit zugänglich, Menschen finden sich hier ein, um die Energie des Mannes zu spüren, sie kommen um zu beten und sich ihren Segen zu holen.

Der Weg zum Tempel und zu der Höhle führte über eine lange Treppe nach oben, dort angekommen steht eine Löwenstatue, die einem am Eingang empfängt. Wir machen uns sofort alle auf dem Weg in die Höhle. Das heißt Karan, Nanis Schwester, meine Mama, Mum, Onkels Sohn und ich, wir machen uns klein, denn es ist eng, mehr passen nicht hinein. In der Höhle sitzen wir vor dem klein aufgestellten Tempel, mit Bildern von verschiedenen Göttern, ich schaue sie mir ganz genau an, denn ich interessiere mich sehr für die Welt der Hinduistischen Götter. Nanis Schwester zündet die kleinen Öllichter und ein paar Räucherstäbchen an und fängt sofort an zu singen, ein Gebet für die Götter, eines das ich noch nie zuvor gehört hatte. Es klingt schön und ich fühle mich wohl. Diese Höhle hatte etwas ganz besonderes, ich weiß nicht was es war aber es gab einen das Gefühl von Geborgenheit und ich wollte nicht wieder hinaus.
Ich starrte auf die Bilder vor mir, meine erste Begegnung mit der Göttin Kali Maa, die Göttin des Todes, der Zeit und Zerstörung aber auch der unendlichen Liebe, sie ist die Schöpferin des Universum, unsere Mutter. Dieses Bild ging mir nicht mehr aus dem Kopf und auch später würde ich mich immer wieder mit ihr auseinandersetzen, ich wollte mehr über sie erfahren, über ihr Geschichten und Erzählungen. Nun steht sie bei mir im Zimmer, meine ständige Begleiterin, meine Beschützerin und Quelle der Kraft, es war ein langer Weg sie in der Wohnung begrüßen zu dürfen. Es ist nicht üblich, die Menschen haben Respekt und Angst vor ihr und viele Glauben sie gehöre nicht ins Haus.

Karan musste mich regelrecht aus der Höhle schupsen, denn hinaus wollte ich nicht, alle waren bereits draußen und warteten auf uns, während ich total vertieft in Gedanken dasaß. Was mir da im Kopf herum schwirrte weiß ich nicht mehr, vielleicht über die Gegebenheiten und darüber wo einen das Leben manchmal hinführt. Als wir dann doch die Höhle endlich verließen, machten wir uns auf den Weg wieder nach unten, weiter zu Nanis Schwester Haus. Auf den Weg blieben wir noch kurz stehen, holten uns jeder jeweils eine Samosa (Teigtasche gefüllt mit Kartoffel, haufenweise Gewürzen, gebraten in Fett) und genossen die Aussicht über die Stadt.

Bei der Schwester von Nani angekommen, waren schon einige Menschen hier versammelt um gemeinsam zu Beten. Leider weiß ich nicht mehr genau um was es ging, es waren so viele neue Dinge und Eindrücke die auf mich niederregneten, sodass es schwer war alles zu erfassen und verstehen. Als das Gebet zu Ende war gab es Abendessen für alle. Bevor wir uns auf den Weg nach Hause machten, schenkte Nanis Schwester uns noch das Buch über den Mann, der in der Höhle meditierte. Bis heute haben wir es leider nie gelesen. Da auch meine Mama dieses Buch besitzt wird sich das wohl aber bald ändern, da ich manche Erinnerungen gerne wieder auffrischen will. Durch den Blog merke ich schon, dass mir vieles entfallen ist und ich mich nun ärgere nie ein Tagebuch geführt zu haben, was sich zum Glück ja nun geändert hat. Nun kann ich alles für die Ewigkeit festhalten, für was das gut sein soll weiß ich noch nicht, Fakt ist es tut mir gut und macht mir spaß und das ist die Hauptsache.
<3