Das Leben in Mumbai war schwerer als ich es mir vorgestellt hatte, nun war ich auf einmal keine Reisende mehr, wie das Jahr zuvor. Nun war ich kein Tourist mehr. Als Tourist in Indien war ich frei, ich hatte keine Angst mich umher zu bewegen oder irgendetwas falsch zu machen, es interessierte mich einfach nicht und ich genoß das Leben so wie es kam. Nun war ich hier, verheiratet, eine Wohnung, Karan sollte arbeiten und dann vielleicht noch Kinder?

In dieser Zeit des alleine seins, begann ich meine ersten Wasserfarben Portraits zu malen. Malen gab mir schon immer so eine Art Ruhe und Ausgleich zum Leben, wie Yoga oder Meditation. Das spielen mit Farben erfüllt mich und lässt mein inneres Kind wieder aufleben. Es half mir über die Zeit hinweg und ich war beschäftigt. Da Karan nun viel unterwegs war, lastete nun auch das Thema kochen wieder auf mir. Na toll. Das, was ich nicht zur Gewohnheit werden lassen wollte, traf nun ein und das auch noch in der Sauna in der wir lebten. Ein Prozess der immer Schweißgebadet endete. Doch es war recht, wir wollten schließlich ein Team sein, also probierte ich mich an der indischen Küche und stand im täglichen Kontakt mit Mum zum Austausch ihrer Rezepte. Es schien auch zu gelingen, nur die Roti (indisches Brot) wollte nicht so recht klappen, somit gab es Mittags und Abends einfach nur Reis mit den verschiedenen indischen Soßen und Gemüse.
Nun war ich allein, doch wirklich glücklich war ich nicht, ich wollte allein sein und auch nicht. So stand ich im täglichen Widerspruch mit mir selbst. War ich allein, war Karan nicht da, mit dem ich, nach unserer Hochzeit, so gerne Zeit verbracht hätte. War Karan da, war auch meist seine Schwester und Verlobter oder deren Freunde da. Mit jedem Besucher in unserem Haus wurde ich unglücklicher und Karan verstand die Welt nicht mehr. Er, der hier aufgewachsen war, störte der ständige Trubel nicht. Ich wollte ihn für mich haben, alleine die Zeit genießen, so wie zuvor beim gemeinsamen Reisen. Verlangte ich da etwa zu viel? Generell verhielt ich mich merkwürdig und erkannte mich selbst nicht wieder. Die Wohnung begann mich zu erdrücken, ich wollte raus, wo die Welt, in den wenigen Stunden, wieder ok war. Ich wollte was unternehmen, etwas Ablenkung, doch alleine traute ich mich nicht.

Wenn Karan da war sollte er mich begleiten, doch der hatte meist keine Lust, ein weiterer Streitpunk. Warum konnte er mich nicht begleiten, die Wohnung war für mich zu heiss und die Hitze schien mich zu erdrücken. Eines Nachmittags ergriff ich die Flucht. Nachdem Karan mich Wiedermals hängen ließ, packte ich all meinen Mut und Zweifel zusammen und ging alleine los, immer geradeaus, die Straße entlang. So ging ich für eine gute halbe Stunde ohne Ziel, bis plötzlich ein Rikshaw Auto neben mir hielt. Es war Karan, ich stieg ein und wir fuhren zum Strand. Den ganzen Weg sprachen wir kein Wort, nicht einmal am Strand oder auf dem Weg zurück in die Wohnung. Eines muss man uns lassen, wir sind beide stur und können nicht nachgeben. Doch die Luft des Meeres und die frische brise tat mir gut, so wie immer wenn wir die Wohnung und die nicht zu ertragende Hitze darin verließen.

Da wir viel in Kontakt mit Mum standen und es auch so gut wie keine Geheimnisse in der Beziehung und Familie gibt, wusste sie natürlich wegen unserer Streitereien und Auseinandersetzungen bescheid. In Indien ist es nicht gerne gesehen sich zu trennen oder gar scheiden zu lassen, man arbeitet an seinen Problemen, somit wirkt die ganze Familie als Beziehungsberater und Unterstützung (Im Idealfall). Mum schlug uns vor, Rituale in unseren Alltag einzubauen, die wir zusammen jeden Tag ausführen sollten, wie z.B. das zusammen Beten und Singen vor unserem kleinen eigenen Tempel. Wir folgten ihren Rat, mit der Hoffnung etwas frieden in unserem Alltag zu finden, zusammen und auf unseren gemeinsamen Weg.
<3

1 comment
Eure Mum scheint ja eine kluge Frau zu sein, so ein Glück!